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INSTITUT
FIGURENTHEATERKOLLEG
AUSBILDUNG/SCHULE
UNIVERSITÄT
FIDENA
1977, DESASTER
1978, AUFBRUCH/WENDE
1979, 23. FIDENA
1980, 24. FIDENA
1981, 25. FIDENA
1982, 26. FIDENA
1983, 27. FIDENA
1984, BURMA
1985, 29. FIDENA
1986, CHENGDU
1987, VILNIUS
1988, 32. FIDENA
1989, 33. FIDENA
1990, 34, TOMSK
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      FIDENA

(Klünder erfand FIDENA und benutzte diesen Namen 1979 zum ersten Mal für das internationale Festival FIGURENTHEATER DER NATIONEN. Unter seiner Leitung wurde FIDENA zu einem weltweit bekannten Markenzeichen für innovatives Figurentheater von herausragender künstlerischer Qualität.)

 

Warum ein Programmheft? Für Figurentheater ein ungewöhnliches Unterfangen. Es gab bei regionalen, nationalen oder internationalen Veranstaltungen des Figurentheaters bestenfalls dünne Flyer. Und dann ein unmögliches Format: 21x21 cm, 24 Seiten stark. Das konnte man nicht knicken, es passte in keine Jackentasche, selten in eine Handtasche, man mußte es offen in der Hand tragen. Diese Idee hatte ich aus Hong Kong mitgebracht. Finanziert wurde es durch die von der örtlichen Wirtschaft geschalteten Anzeigen. Neben den Festivalinformationen waren mir die positiven Reaktionen der Bochumer Geschäftswelt wichtig.

Es liegt in der Natur von Programmheften, dass sie Aufführungen verzeichnen, welche üblicherweise auch stattfinden. Bei Einladungen von Figurentheatern aus der DDR und aus der UdSSR war sich der Veranstalter niemals sicher, ob sie auch kommen werden. Die Ausreisevisa wurden stets nur am Tag vor der Ausreise ausgestellt, das Programmheft war  lange gedruckt und verkauft. Zweimal wurde aus der DDR der Handpuppenspieler Frieder Simon zur FIDENA eingeladen, und so stand es im Programmheft. Aber er erhielt von den DDR-Organen zweimal kein Ausreisevisum. Das Figurentheater Lele aus Vilnius stand mit Sack und Pack an der Grenze zu Polen, und erhielt von den Organen der UdSSR kein Ausreisevisum. Im darauffolgenden Jahr wurde die Einladung wiederholt, und es klappte.

 

Kernsätze aus den Programmheften

 

1977:

Das Figurentheater als selbständige Theaterform, das sich dem Vergleich zum Schauspieler-Theater stellt, wird in dieser internationalen Festwoche FIGURENTHEATER DER NATIONEN vorgeführt. Theater aus acht Nationen - davon fünf aus unseren östlichen Nachbarländern - zeigen nicht nur, daß Figurentheater Kindertheater par excellence ist, sondern daß es sich ebenso selbstverständlich für die Erwachsenen als alternative Theaterform profiliert.

 

1978:

Das Figurentheater als eigenständige Theaterform wird in diesem Jahr von Bühnen aus neun Ländern vorgestellt...Das DIP unterhält die einzige in der Bundesrepublik Deutschland existierende Bildungsstätte für Figurentheater, das Figurentheater-Kolleg; es wurde im Juli 1977 vom Kultusminister des Landes NW als Einrichtung der Weiterbildung anerkannt und zählt zur Zeit etwa 90 Teilnehmer...

Diese 22. Festwoche geht auch insofern neue Wege als...die gesamte Palette des Figurentheaters mit allen seinen formalen Möglichkeiten abgesteckt wird: vom Theater mit 7 cm  großen Figuren bis hin zum Theater mit 6 m hohen Figuren, vom Theater mit traditionellen Handpuppen, Stockpuppen und Marionetten bis zum Theater mit dem menschlichen Körper als Figur, das in das Grenzgebiet zum Tanztheater fällt.

Thematischer Schwerpunkt ist in diesem Jahr das berühmteste Puppenspiel, der "Puppen-Faust". Er wird in einem FAUST-SYMPOSION in acht verschiedenen Inszenierungen vorgestellt...

Im Jahre 1976 hatte das Figurentheater in der Bundesrepublik 6 Millionen Kinder und Jugendliche (bis 15 Jahre) als Zuschauer, das Schauspielertheater dagegen weniger als 1,8 Millionen. Es ergibt sich damit statistisch, daß Figurentheater das Kindertheater par excellence ist.

Hinzu kommt, daß das Figurentheater ein Minimum an technischer Ausrüstung benötigt, es kann seinen Spielraum für ein komplettes Stück in 5 Minuten herrichten und seine Ausrüstung in öffentlichen Verkehrsmitteln transportieren - wie während der Festwoche von der Werkstattbühne des DIP in einigen geschlossenen Veranstaltungen in Bochumer Kindergärten demonstriert. Die Aufbauzeit einer Bühne dauert nur im Ausnahmefall mehr als eine Stunde.

Aufgrund seiner einfachen technischen Ausrüstung ist das Figurentheater im hohen Maße mobil und billig. Es ist nicht darauf angewiesen, das Publikum zu sich ins Haus zu holen, es geht zu seinem Publikum. Das Figurentheater kann jene (benachteiligten) Bevölkerungsschichten erreichen, die nicht zum angestammten Publikum des Schauspielertheaters zählen, wie beispielsweise Kinder, Jugendliche, Arbeiter, einfache Angestellte, Heim- und Gefängnisinsassen, Senioren, Krankenhauspatienten, geistig und körperlich Behinderte, Bewohner kleinerer Ortschaften und Randgebiete. Erst in Ergänzung von Schauspielertheater und Figurentheater kann der demokratische Auftrag von Theater erfüllt werden.

Diese kulturpolitischen Möglichkeiten des Figurentheateers zu demonstrieren, ist eines der Anliegen der Festwochen FIGURENTHEATER DER NATIONEN.

 

1979:

1979 ist aber auch ein Jubiläumsjahr der UNIMA. Vor fünfzig Jahren wurde diese internationale Vereinigung der Puppenspielfreunde in Prag gegründet, in der heute 46 Länder vertreten sind. Ihr Auftrag, den Kulturaustausch der Länder zu fördern, um auch auf diese Weise zu einem gegenseitigen Verstehen beizutragen, wird von unserer von Fritz Wortelmann gegründeten FIDENA seit nunmehr 23 Jahren erfüllt...Mit Dankbarkeit und Stolz haben wir daher die Nachricht aufgenommen, daß unsere 23. FIDENA unter die Schirmherrschaft der UNIMA gestellt wurde.

 

1980:

Das Schlechteste am Puppenspiel sei sein Name, sagte Ludwig Krafft, anspielend auf die erstaunliche Tatsache, daß Puppenspiel im heutigen Verständnis etwas meint, das im vorigen Jahrhundert oder in der entfernter liegenden eigenen Kindheit angesiedelt zu sein scheint, stets etwas Museales, Vergangenes, Stehengebliebenes bezeichnend. Um diesem leichtfüßigen Mißverständnis aus dem Wege zu gehen, verwenden wir den Namen Figurentheater. Unser Festival FIGURENTHEATER DER NATIONEN  zeigt nicht nur, was in anderen Ländern an neuen Aspekten und Entwicklungen in dieser Kunst möglich ist, es vermittelt auch Begegnungen mit Künstlern anderer Kunstgattungen wie der Bildenden Kunst und dem Tanz, von denen das Figurentheater Anregungen und Horinzonterweiterungen erwarten kann.

 

1981:

Zum 25. internationalen Jubiläums-Festival FIGURENTHEATER DER NATIONEN übermittle ich die herzlichsten Grüße...

(Grußwort von Jürgen Girgensohn, Kultusminister NW)

 

1985:

Unsere jährlich veranstaltete FIDENA ist im deutschsprachigen Raum mit großem Abstand das wichtigste internationale Festival für Figurentheater, es nimmt im weltweiten Standard eine Spitzenposition ein...

Zum ersten Mal seit Bestehen dieses Festivals rückten Inszenierungen aus der Bundesrepublik Deutschland in den Mittelpunkt des Interesses. Sie dominieren dieses Festival zahlenmäßig - zu sieben ausländischen Produktionen kommen 18 aus der Bundesrepublik. Auch eine weitere sehr erfreuliche Zahl läßt sich mitteilen: 14 Produktionen werden von jungen Bühnen präsentiert, welche durch ihre Arbeit in Bochum am Figurentheater-Kolleg des DIP entscheidende Anregungen erhalten haben. So dokumentiert unsere diesjährige FIDENA nicht nur, daß sich das Figurentheater unseres Landes langsam dem internationalen Standard nähert, es dokumentiert ebenso, daß diese Entwicklung  von Bochum ausgeht. Die kontinuierliche Arbeit des DIP mit seinem Figurentheater-Kolleg, welches seit 1977 mehr als 40.000 Unterrichtsstunden in einem freien Kursangebot  veranstaltete, mit seiner FIDENA, welche durch hervorragende Inszenierungen ausländischer Bühnen im hohen Maße anregend und maßstabsetzend wirkt und mit seinen fachbezogenen Publikationen beginnt reiche Früchte zu tragen.

 

1986:

Bei zurückhaltender Betrachtung des heutigen Figurentheaters läßt sich nicht übersehen,daß eine Explosion der Fantasie stattfindet. Figurentheater ist zu jener darstellenden Kunstform geworden, für die Begriffe wie künstlerische Sterilität und Entfremdung des Publikums nicht existieren. Im Figurentheater tritt der visuelle Ausdruck in den Mittelpunkt der Darstellung, ein ganz spezifisches Phänomen, welches die anderen darstellenden Künste nicht aufweisen. Es hat die unendliche Vielfalt visueller Ausdrucksmöglichkeiten entdeckt, hat sich befreit von traditionellen Vorgaben, ist eingestiegen in den Kosmos der mit den Augen zu erfahrenen künstlersich gestalteten Welt. Hinzu kommt, daß die Magie der Figur wiederentdeckt wird, daß sich der Figurenspieler nicht als Handwerker, sondern als Künstler begreift, der, dramaturgisch überlegt dosiert, auch Magier sein kann. Das Publikum erfährt die Wirkung derart gespielter Figuren unmittelbar, wird im wahrsten Sinne des Wortes gefangen genommen.

 

1987:

Mit Genugtuung registrieren wir, daß dem Figurentheater ein Austausch von Erfahrungen und künstlerischen Ergebnissen über alle Grenzen hinweg nicht nur bei den professionellen Figurenspielern gelingt. Zum ersten Mal können wir auf einer FIDENA Schüler einer Staatlichen Figurentheaterschule aus den sozialistischen Ländern treffen, in diesem Fall die Schüler der Staatlichen Figurentheaterschule Wroclaw (Polen), die uns eine ihrer freien Abschlußarbeiten zeigen.

 

1988:

FASZINATION FIGURENTHEATER drückt komprimiert aus, was die Besucher unseres Festivals erwarten wird. Daß dies kein leeres Versprechen ist, wissen alle Besucher dieses seit nun 32 Jahren stattfindenden Festivals, wissen alle Besucher künstlerisch herausragender Figurentheater-Aufführungen. Alle anderen Menschen, und seien sie noch so wohlwollende Freunde unserer theatralischen Kunst, kennen FASZINATION FIGURENTHEATER lediglich als nichtssagenden Namen. Das ist so, weil jeder Mensch als Kind die Puppen und Bärchen hatte, sich liebevoll an sie erinnert, die Leichtigkeit des Umganges mit ihnen in der Erwachsenenphantasie entstehen läßt und mit diesen gutmeinenden Akten der Zuneigung, das Figurentheater als Kunstform drastisch verfehlt. Das ist die Belastung, mit der wir leben, die es uns so unendlich schwer macht, FASZINATION FIGURENTHEATER zu vermitteln. Wo liebevolle und herzliche Zuneigung ist, kann seriöse Kritik nicht sein, ohne sie jedoch kann sich das Figurentheater als eine ernstzunehmende Kunstform kaum etablieren.

 

1989:

FASZINATION FIGURENTHEATER das ist Visualisierung von Fantasie. Shakespeare, Kafka, Goethe, Toller, de Rojas, Soyfer, Witkiewicz, Strindberg und die Brüder Grimm sind Autoren dieses neuen und aufregenden Theaters für Erwachsene. Das ENDE DER BESCHEIDENHEIT ist angekündigt. Das GROSSE FIGURENTHEATER stellt sich als die neue Theaterform vor.

Wie kein anderer entdeckt der Pole Wieslaw Hejno mit seinem Theater aus Wroclaw (Breslau) Neuland, kongenial unterstützt von der Figuren- und Bühnenbildnerin Jadwiga Mydlarska-Kowal. Sie zeigen die Trilogie: 'Der Prozess' nach Kafka, 'Gyubal Wahazar' nach Witkiewicz und 'Faust' nach Goethe und schlagen mit neuen theatralischen Mitteln aktuelle Welt- und Menscheninterpretationen vor. Flankiert wird diese Trilogie von ihrer Inszenierung 'Celestina' nach de Rojas, erarbeitet an unserem Figurentheater-Kolleg...An dieser Inszenierung wird die Chance deutlich, welche das GROSSE FIGURENTHEATER bei uns hätte, wenn es denn subventioniert würde, wenn es denn ausgebildete Figurenspieler gäbe.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DEUTSCHES INSTITUT FÜR PUPPENSPIEL