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Figurentheater als Mediales Theater

 

 

Als ich im Spätsommer 1976 die Leitung des Deutschen Instituts für Puppenspiel in Bochum übernahm, war ich konsterniert, denn es wurde für mich schnell deutlich, dass es nach 1945 eine nahtlose Weiterführung der Zeit vor 1945 in Personal und Inhalt gab und dass in der Bundesrepublik Figurentheater (Puppenspiel) als Kunstform nicht existierte. Der herausragende Akteur war Albrecht Roser aus Stuttgart, der Marionetten-Kabarettist, den ich zwei Jahre zuvor in Hong Kong gesehen hatte. Ich hatte nicht im entferntesten erwartet, dass seine Show die Spitze des Figurentheaters in der Bundesrepublik repräsentierte.

Nicht einmal einigermaßen ernstzunehmende experimentelle Bemühungen waren erkennbar, die immerhin eine Öffnung in Richtung eines künstlerischen Bemühens hätten erkennen lassen. Das war im Rahmen der Künste in der BRD eine ganz und gar singuläre Situation.

Während des nationalsozialistischen Regimes wurden alle Künste sehr professionell in den Dienst eben dieser Ideologie gestellt, sie wurden ins Ausland vertrieben oder sie hörten auf, Kunst zu sein. Nach dem Ende dieses Regimes explodierten die darstellenden Künste und Malerei und Musik in neue oder bislang verbotene Welten, nahmen die Formen aus den zwanziger Jahren wieder auf, nahmen die in den USA  abseits kriegsbedingter zerstörerischer Einwirkungen kontinuierlich weitergewachsenen Entwicklungen an und experimentierten mit ihnen. Nichts dergleichen war im Figurentheater in der BRD zu beobachten.

Die Gründe hierfür waren mir zunächst nicht klar. Ich wusste nur, hier musste dringend etwas getan werden, und dafür sollten mir einige Instrumente zur Verfügung stehen: Die Publikationen (Fachzeitschrift und Bücherreihe), das internationale Festival FIDENA, Agentur (Gastspielreisen herausragender Inszenierungen) und das Figurentheater-Kolleg.

Es stellte sich bald heraus, dass ich viel vorsichtiger sein musste als ich es mir vorgestellt hatte. Die Gegenspieler waren nicht nur Roser mit seinen vielen in der gesamten BRD zu findenden Mitstreitern (Verband Deutsche Puppentheater e.V., die Berufsorganisation der Puppenspieler in der BRD mit Roser als Vorsitzendem). Es gab ein zweites, größeres und kaum zu durchschauendes Netzwerk, welches mit Rosers Gemeinschaft gemeinsame Schnittmengen hatte: Die Hohnsteiner (Tri tra trallala, seid Ihr alle da?) in der emotionalen Verkleidung der Wandervögel. Und im Hintergrund,  nirgendwo greifbar, die Nebelschwaden der noch immer tätigen Nationalsozialisten. Am liebsten hätte ich auf dem Absatz kehrt gemacht.

Die Hohnsteiner, 1923 von Max Jacob, einem hochintellektuellen und (auch deshalb) begnadeten Kasperspieler in der Sächsischen Schweiz gegründet, zwischen Klampfe und Naturverbundenheit, eingebunden in die alternative Bewegung der Wandervögel. Seine motorisierten und damit sehr mobilen Handpuppengruppen wurden ab 1933 von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet und intensiv eingesetzt. Jede Aufführung war ein begeisternder  Erfolg. Wehrmachtsbetreuung bis gegen Kriegsende, die kulturelle Unterhaltung im strikt nationalsozialistischen Sinn der deutschen Landbevölkerung im Osten und diverse Auftritte im Rahmen von KdF-Veranstaltungen standen auf dem anspruchsvollen Arbeitsprogramm. Ein 1938 in Stutgart neu gegründetes Reichsinstitut für Puppenspiel veröffentlichte Spieltexte in kleinen Heftchen, etwa in der Größe der Reclamheftchen, in Massenauflagen. Es stellte die Hohnsteiner Handpuppenköpfe in großer Auflage her, angereichert mit zusätzlichen Köpfen von Churchill, dem Juden, Chamberlain usw., wobei alle Jugendorganisationen zum Erwerb verpflichtet wurden. Ob diese umfassenden Bemühungen auch immer zu gelungenen Spielereignissen geführt hatten, mag bezweifelt werden, denn nicht jeder Jugendliche hat eine Begabung für auch nur einfachstes Theaterspiel, aber die Nationalsozialisten hatten erkannt, dass sie hier ein unglaublich wirksames Instrument zur Beeinflussung in den Händen hielten. Beeinflussung nicht im Sinne kruder oder direkter Propaganda, dazu waren die Damen und Herren in der Reichstheaterkammer zu schlau, und sie hatten es schlichtweg auch nicht nötig, sondern im Sinne einer schleichenden Bestätigung und Verfestigung einer unterbewusst positiven Haltung zum und im Nationalsozialismus (eine Haltung, der man auch noch 2002 begegnen musste - siehe hierzu die Entgegnung von Barbara Fuchs auf das von Kristiane Balsevicius mit Heidi Lohmann geführte Interview im Heft 46 der Zeitschrift Das andere Theater).  

Eine einfache Handpuppenbühne war überall in jedem Raum oder im Freien in wenigen Minuten aufgebaut, die Führung der Handpuppen war einfach, Kopf auf den Zeigefinger, auf Daumen und kleinen Finger die Arme, wenn dann die vorgegebenen Texte, Witze eingebaut, noch mit etwas Spaß gesprochen wurden, dann war der Erfolg bereits garantiert. Die Zuschauer sahen nicht die hinter einer Abdeckung aus Tuch stehenden oder sitzenden zwei oder drei Spieler, welchen durch diese Abschirmung und Anonymisierung die Scheu vor Selbstentblößung genommen worden war, sie sahen über der Spielleiste die bekannten Puppenköpfe, welche zu leben schienen und denen man jedes Wort selbstverständlich auch glaubte. Einige dieser in Massen hergestellten Handpuppenköpfe, ihr Hauptbestandteil müssen wohl verklebte feinste Schnitzel aus Papier oder Pappe gewesen sein, die echten waren natürlich aus Lindenholz geschnitzt, fielen direkt nach dem Krieg auch in meine Hände, sie waren so schön zu zerbröseln wie getrocknete Hundescheiße, die wir in den Trümmern fanden.

In der Schule dann sah ich mein erstes Handpuppenspiel, es muss noch Max Jacob mit seiner Gruppe gewesen sein, denn nur er wurde vom damaligen Hamburger Schulsenator Landahl Jahr für Jahr durch alle Hamburger Schulen geschickt. Ein weiterer noch wichtigerer Förderer der Hohnsteiner nach dem Krieg war Klaus von Bismarck, Leiter des Jugendhofes Vlotho, Intendant des WDR und  langjähriger Präsident des Goethe-Instituts, der bis auf den heutigen Tag mit Abstand wichtigsten Kulturorganisation der BRD und Deutschland im Ausland. Landahl und Klaus von Bismarck wurden in ihre Positionen gewählt, weil sie keine Nationalsozialisten waren. Mit den Hohnsteinern waren sie jedoch durch die Wandervogelbewegung verbunden. Sofern sie den Krieg und seine Schrecken denn einigermaßen überstanden hatte, war diese Wandervogelgeneration (mit ihren Weiterentwicklungen) knapp fünfzehn Jahre älter geworden, sie war bei Kriegsende im Durchschnitt vielleicht 40 Jahre alt, und als ich 1976 fünfunddreißigjährig die Leitung des Instituts übernahm, war diese Generation so um die 70, hatte aber jüngere Mitbegeisterte dazugewonnen.

Die Hohnsteiner waren Teil dieser Wandervogelbewegung, in der gesamten BRD hatten sich Gruppen gebildet, die Freundeskreise, bei denen die Hohnsteiner regelmäßig spielten und welche die Hohnsteiner Hauspostille, die Hohnsteiner Briefe regelmäßig erhielten. Die Schriftleitung lag in den Händen Max Jacobs, nach dessen Ableben 1967 in den Händen von Friedrich Arndt. In diesen Briefen wurden hauptsächlich Erinnerungen gefiltert aufgefrischt, wobei nach 1967 die Mitteilungen an und von Marie Jacob, der Ehefrau Max Jacobs als die Höhepunkte galten. Wie beispielsweise Gustav Gründgens, so hatte auch Max Jacob seine Homosexualität (ein Tabu unter Hohnsteinern, mir gegenüber mitgeteilt 1988 von Till de Kock, dem langjährigen Schnitzer der Hohnsteiner Puppenköpfe) durch eine Heirat verdeckt, er war nach Kriegsende im Westen (Hamburg) geblieben, während Marie bis zu ihrem Ableben im Hohnsteinhaus, dem historischen Zentrum der Hohnsteinerbewegung in der Sächsischen Schweiz blieb. Als ich sie dort 1990 zu einem Tonbandinterview, brieflich durch einen ihr sehr bekannten Hohnsteiner angekündigt, traf, war mir die Tabuzone gegenwärtig, und ich hielt sie aus Respekt vor der Lebensleistung dieser kleinen alten, sehr liebenswürdigen Dame ein, da ich nichts erfragen musste, was ich bereits wusste. Der genannte Hohnsteiner war mein Vorstandskollege Rudolf Fischer, von Wortelmann in den Vorstand berufen. Er war zusammen mit dem Vorsitzenden unseres Kuratoriums Josef Vonderbank stets loyal zu mir und meinen Bemühungen.

Diese waren allerdings auch sehr gebremster Natur. Ich konnte die Hohnsteiner und ihre vielen Nachfolger und Epigonen nicht als Kunstverhinderer allerersten Ranges benennen, ich konnte sie nicht frontal angehen, ihre unglaublich beschränkten Ausdrucksformen nicht als solche auch bloßstellen, was für einen kraftvollen Neubeginn des Figurentheaters als Kunstform notwendig gewesen wäre. Nirgendwo war das Bauhaus-Potential (Oskar Schlemmer) aufgenommen worden, und Peter Schumann hatte offensichtlich die richtige Entscheidung getroffen, Deutschland zu verlassen und sein dann weltberühmtes Bread and Puppet Theatre in den USA, im Staat New York zu gründen.

Im Figurentheater-Kolleg setzte ich von Beginn an, seit Herbst 1977 somit, auf den Neubeginn und tat alles, um die jungen Leute nicht in die verlorenen Bahnen der Hohnsteiner abgleiten zu lassen. Handpuppen und auch Marionetten bekamen sie nicht zu Gesicht, sie wurden von Anfang an mit Zufalls- und Alltagsmaterialien beschäftigt, welches sie zum darstellenden Spiel führen sollten. Es entstanden nie zuvor gesehene Fantasiefiguren und als dann Anfang 1978 Axel Gros, vom Bread an Puppet Theatre kommend, zu uns stieß, und mit Großfiguren im Mai 1978 zu unserem internationalen Festival FIGURENTHEATER DER NATIONEN (den Begriff FIDENA hatte ich erst 1979 eingeführt) die Szenenkollage ´Ein Moment im Leben der Rosa Hühnerdraht´ präsentieren konnte, wurde die Theaterwelt aufmerksam, und jeder Handpuppen- und Marionettenspieler in der BRD sah und begriff darüber hinaus, der Klünder macht was anderes.

Gros musste kontinuierlich, damit wir die finanziellen Mittel aus dem Weiterbildungsgesetz des Landes NW auch erhalten konnten, mit mindestens zehn Kursteilnehmern zusammenarbeiten, von denen vielleicht zwei auch eine Begabung mitbrachten, und das in einer eiskalten Fabrikhalle, da von der Stadt Bochum hierfür keine Unterstützung kam, denn der Kulturdezernent und der Kulturausschussvorsitzende hatten ihr Stadttheater und benötigten dazu keine Konkurrenz in den Medien. Leider konnte ich Gros nicht die Möglichkeit eröffnen, ein eigenes Ensemble zu unterhalten, sei es unter dem Mantel des Instituts oder außerhalb, da es mir nicht gelang, zusätzliche finanzielle Mittel einzuwerben.

Auch unsere Kolleg-Teilnehmer Rüdiger Eggert und Barbara und Peter Ketturkat schrieben Figurentheatergeschichte zumindest in der BRD. Sie präsentierten ihre Programme ´Wenn Rattermann kommt´ und ´Keine Angst vor großen Tieren´ auf der 24. FIDENA im April/Mai 1980; Eggert erfand seine Figuren aus alltäglichen Kunststoffgegenständen und die Ketturkats nahmen Alltagsgegenstände  hauptsächlich aus dem Bereich Küche wie Kartoffelpresse, Löffel oder Korkenzieher. Beide führten ihre Figuren als Stockfiguren über der Spielleiste und benutzten Phantasiegeräusche. Interessant waren diese Produktionen für Kinder und für Erwachse.

Etwas anderes machte ich in Bochum allerdings. Nachdem Rosers Bemühungen, nach dem Tod Wortelmanns die Leitung des Instituts mit einem seiner Mitstreiter zu besetzen und damit seine vor allem finanziellen Möglichkeiten dem Berufsverband zur Verfügung zu stellen, fehlgeschlagen waren, begannen die Angriffe gegen mich, bevor ich im Spätsommer 1976 in Bochum angekommen war. Und dann meine erste Missetat: Ich präsentierte im September/Oktober des Jahres traditionelles chinesisches Handpuppenspiel, eine Premiere für ganz Europa, mit Aufführungen in Bochum und in weiteren Städten in der BRD. Das hatte mit deutschem Handpuppenspiel nichts zu tun, das war fremdländisch, ja es war berufsschädigend, es gefährdete die finanzielle Basis der Berufspuppenspieler. Diese waren oft zusammen mit ihrer Partnerin selbständige Kaufleute, die fast ausschließlich mit dem Spiel in Kindergärten und Schulen ihr Geld verdienten. Für sie belebte eine virtuelle Konkurrenz nicht das Geschäft, sie gefährdete sie.

Seit diesem Zeitpunkt wurden in ihrer Verbandszeitschrift Kübel voller Jauche auf das Institut und seinen Direktor bis 1992 ausgegossen, unter der kundigen Schriftleitung von Fritz Leese, der sein Handwerk als nationalsozialistischer Kulturfunktionär eingeübt hatte. Er hatte im Institut und mir das Feindbild gefunden, mit dem er nach Belieben seine Kollegen manipulieren konnte, wobei immer wieder das Figurentheater-Kolleg das Ziel seiner Angriffe war, mit dem immer wiederkehrenden Argument, es werde am Kolleg ja doch Ausbildung betrieben. Dieser Nachweis wäre für uns tödlich gewesen, denn die Gelder gab es strikt nur für Weiterbildung (keine Aufnahmeprüfung, freier Zugang für alle über sechzehn, mindestens zehn Teilnehmer je Kurs). Dass sich seine Zuträger bei uns eingeschrieben hatten, war eine Selbstverständlichkeit, nicht umsonst hatte ich die Leitung des Figurentheater-Kollegs in den ersten zweieinhalb Jahren selbst übernommen, ich wollte auf die ständigen Angriffe sofort und kompetent reagieren können.

Roser war Leeses Wirken recht, er konnte und wollte nicht einsehen, dass das Institut in Bochum für die inländische und noch mehr für die ausländische Theaterwelt das Zentrum des Figurentheaters in der BRD war. Für ihn befand sich das Institut in der falschen Stadt (das war auch meine Meinung, denn der Geburtsfehler des Instituts war seine Ansiedlung in einer Stadt mit einem eigenständigen Stadttheater, diese Konkurrenz konnte zu jener Zeit das Figurentheater nicht gewinnen), und es befand sich im falschen Bundesland (womit ich nicht einverstanden war). In Stuttgart, bis 1945 immerhin der Sitz des Reichsinstituts für Puppenspiel, hatte Roser kein Archiv, keine Bibliothek, kein Museum, keine Publikationen, ja er konnte dort nicht einmal ein kleines internationales Figurentheater-Festival einrichten. Es gelang ihm jedoch, und dafür gab es, als sie dann 1983 ihren Betrieb aufnahm, von Beginn an meine hohe Anerkennung, die erste akademische Ausbildung im Bereich Figurentheater.

Aber was war das?  In Stuttgart wurde Objekttheater gelehrt. Der Aufbruch in neue Formen und Ausdruckssprachen gelang zwar, allerdings verschenkte Roser diesen Aufbruch, da er am Konzept der bisherigen Aufführungsmöglichkeiten festhielt, Großfiguren und größere Ensembles ausschloss, welche möglicherweise auch in einem Stadttheater hätten auftreten können, um Himmels willen auch nicht andeutungsweise eine mögliche Konkurrenzsituation zum Stadttheater. Rosers Ausbildung war von Beginn an marktorientiert, die Absolventen sollten ihr Geld im Kindergarten- und Schulspiel verdienen können, Miniensembles bis zu zwei Spielern sollten ausgebildet, die bisherige Spielpraxis somit bruchlos fortgeschrieben werden.

Dabei hatte bereits Matthias Kuchta als Einzelspieler mit seinen kindergroßen Figuren gezeigt, dass es  selbst bei dieser Aufführungspraxis einer Beschränkung auf Kleinstfiguren nicht bedurft hätte; er hatte seine Anregungen aus den Kursen am Figurentheater-Kolleg und in einer Art Aha-Erlebnis von den Aufführungen der kanadischen Gruppe Puppetmongers Powell mit der Inszenierung The Miller auf der 24. FIDENA im April/Mai 1980.

Der Angriff der Hohnsteiner kam überraschend. Nicht unerwartet, ganz bestimmt nicht, aber er hätte ebenso gut auch aus einer gewissen Noblesse heraus unterdrückt  werden können. Ich hatte die Bombe gezündet, und sie fegte die erwartete Eleganz beiseite. Bereits 1982 lag mir das Manuskript von Gerd Bohlmeiers  ´Puppenspiel 1933 – 1945 in Deutschland´vor, druckfertig war es zu Beginn 1983, ich veröffentlichte es aber erst im Juni 1985. Warum? Walter Kipsch hatte 1982 begonnen, in meiner Fachzeitschrift FIGURENTHEATER über das Puppenspiel und seine wichtigsten Personen in der nationalsozialistischen Zeit zu schreiben und über die Hohnsteiner. Er schrieb aus der (widerlichen) verstehenden und mitfühlenden Sicht des Mitbetroffenen, überzeugt davon, dass er (vermeintlich) neutral Fakten ausbreitet. Diesen Prozess wollte ich nicht abbrechen, zumal sich weitere Zeitzeugen zu Wort meldeten, ich war neugierig auf die Fakten und brauchte sie, um diese Zeit und die vierzig Jahre danach endlich dann mit Bohlmeiers Buch bewältigen zu können.

Nach 1985 war Aufatmen angesagt, der Befreiungsschlag war für mich heftig. Die Entgegnung von Kipsch auf das Buch und Bohlmeiers unmissverständliche Antwort auf sie veröffentlichte ich selbstverständlich, sie setzten die beiden Schlusspunkte unter dieses Kapitel einer vierzigjährigren Lähmung durch nationalsozialistische Mitsprache. Ich tue zuwenig für das deutsche Puppenspiel, der ständig wiederkehrende Vorwurf der von Leese genial geführten Roserschen Streitmacht kam nun auch von den Hohnsteinern -  sie empfanden sich als Mitbetroffene -  von Friedrich Arndt aus Hamburg. Der Klünder muss weg. In der Tat, für mich waren die Hohnsteiner und ihre vielen Epigonen künstlerische Fossilien, die wenigen Ausnahmen bestätigten diese Regel.

Nun war meine Position als Institutsdirektor mittlerweile für andere durchaus reizvoll geworden, meine Wiederwahl stand an. Dr. Gerhard Mensching, kein Hohnsteiner, kein Gefolgsmann Rosers, Bochumer, Schriftsteller, Germanistikdozent an der Uni Bochum, Sohn des bekannten Germanisten aus Bonn, gelegentlicher Puppenspieler und als Präsident des ´Deutscher Bund für Puppenspiel´geborenes Mitglied im Vorstand des Instituts, hatte Lust. Wortelmann hatte den BUND nach dem Krieg wiederbegründet und BUND und Institut in Personalunion geleitet. Eine meiner ersten Handlungen war die Aufhebung dieser Personalunion. Mensching übernahm die auf diese Weise freigewordene Funktion des Präsidenten beim BUND und repräsentierte – als Wortelmanns Nachfolger im Institut hatte er nicht zur Diskussion gestanden – und ich wurde Geschäftsführer des BUNDES und arbeitete.

Nun also wollte er und hatte im Institutsvorstand vorgearbeitet, ihm fehlte eine Stimme. Einer Kampfabstimmung wich ich aus, der vielleicht größte Fehler, den ich in den fünfzehneinhalb Jahren meiner Zeit als Institutsdirektor begangen habe. Was dann kam, grenzte ans Absurde, nur noch schöner, weil es Wirklichkeit war. Wenige Wochen vor meiner Wiederwahl stand die Wiederwahl von Mensching als Präsidenten des BUNDES an; seine Abwahl dort hätte ihn in Sekundenschnelle aus dem Institutsvorstand entfernt, eine andere Person hätte seine Stelle eingenommen. Diese Person wurde mir vom Berufsverband angeboten, Selje aus Bielefeld, Menschings Tochter spielte in seinem Dreipersonenensemble, pries sie mir vollmundig als tatkräftig und kompetent an. Es kam nun im BUND zu einer Kampfabstimmung, der BUND hatte einen neuen Präsidenten, und ich hatte mit ihm einen neuen Vorstandskollegen im Institut, da der Präsident des BUNDES geborenes Vorstandsmitglied im Institut war. Meine Abwahl war kein Thema mehr, denn ich hatte auf den ersten Blick elegant und ganz demokratisch gezeigt, wer Herr im Hause ist. Das war ein sehr flüchtiger erster Blick.

Ich war aus Köln vorgewarnt worden. Herr Dr. Gerard Schmidt hatte dort journalistisch ganze Arbeit geleistet, indem er derart obstinat und ausdauernd gegen das dortige Volkstheater, das Hänneschen Theater, ein etwa zweihundert Jahre altes Stockpuppentheater, aus Köln ebenso wenig wegzudenken wie der Karneval, zu Felde zog, dass der dortige Kulturdezernent, um dieses alte Kölner Kulturgut zu retten, seinen wildgewordenen Kritiker zu dessen Leiter ernannte. In dieser Funktion war er dem Berufsverband beigetreten. Im Institutsvorstand spielte er sehr bald nach seinen eigenen Regeln, an die Geheimhaltung von Vorstandsinterna fühlte er sich nicht gebunden, auch nicht in Personalfragen. Er veranlasste im Alleingang unter Einbeziehung der Lokalpresse eine externe Überprüfung unserer Sozialabgaben, die  uns allerdings von den von ihm gestreuten Verdächtigungen freisprach. Er lief ständig ins Leere und konnte es kaum fassen, dass ich offenkundig keine Leichen im Keller hatte, dabei gab es sie selbstverständlich, aber eben nicht dort, wo er suchte, sie befanden sich im Osten, ich war von dort sehr angreifbar. Im Institutsvorstand isolierte ich ihn, ohne dass er dies bemerkte, und als ich dann fünf Jahre später nur mit seiner Gegenstimme wiedergewählt wurde, war er doch sehr überrascht. Er war sich sicher, mich mit einer beispiellosen Pressekampagne gegen mich persönlich weichgeklopft zu haben und hatte offensichtlich damit gerechnet, dass der Institutsvorstand wie einige Jahre zuvor der Kölner Kulturdezernent reagieren würde. Und nun begann das Theater erst recht.

Einige Jahre zuvor hatte sich ein nicht minder gefährlicher Kriegsschauplatz entwickelt. Bei unserer Aufsichtsbehörde, dem Regierungspräsidenten Arnsberg, war ein neuer Sachbearbeiter eingesetzt worden, der sich schnell zum Schrecken aller freien Kulturschaffenden seines Regierungsbezirkes entwickelte, sofern sie denn auch nur kleinste Mengen staatlicher Fördergelder erhielten, somit ihr gesamtes Budget von ihm überprüft werden musste. Er verschaffte sich zunächst dadurch Respekt, dass er alle Gehaltseinstufungen infrage stellte und gern leitende Personen eine Stufe niedriger ansetzte, so auch mich, wogegen kein Kraut gewachsen war. Er griff somit sehr effektiv in die Souveränität der freien Kulturträger ein, da als Alternativen nur Rücktritt oder umgehende Einstellung der staatlichen Fördergelder vorhanden waren. Er wurde von mir zunächst als Korintenkacker abgetan, der also mit spitzem Bleistift jede Zahl zweimal umdrehte, denn er beging nicht den Fehler, in die inhaltliche Arbeit einzugreifen, womit er seine Kompetenzen überschritten hätte. Er prüfte jedoch mit derartiger Ausgiebigkeit und Penetranz, dass immer wieder Beanstandungen von ihm vorgebracht wurden, die dann von uns in jedem Einzelfall widerlegt wurden, was jedoch für uns die unangenehme Folge hatte, dass die Zeit verging und wir erst im Dezember kurz vor Weihnachten den Bewilligungsbescheid und damit die Auszahlung der staatlichen Fördergelder erhielten, von unserer zusätzlichen Verwaltungsarbeit abgesehen. Das war absurd und sehr gefährlich, denn wenn der Bewilligungsbescheid nicht bis zum 31. Dezember eingegangen ist, sind die staatlichen Fördergelder für das laufende Jahr zu hundert Prozent verfallen.

Herr Kapol in Arnsberg wurde zunächst von meinem Vorstandskollegen aus Köln mit Informationen über angebliche Unregelmäßigkeiten im Institut versorgt, der sie wiederum von meiner Chefsekretärin erhielt; später erhielt Herr K. sie direkt von ihr, was diesen offensichtlich dazu veranlasste, sie rechtskräftig rückwirkend zum 1. Januar eine Gehaltsstufe höher einzusetzen. Frau F. konnte sehr gut telefonieren, und sie konnte sehr gut Kaffee servieren, sie war schön, fuhr einen weißen BMW und hatte einen weitaus jüngeren Freund, von Zahlen verstand sie zu meinem Glück nichts, und für das Schreiben fehlerfreier Briefe waren meine beiden anderen, immer loyalen Sekretärinnen zuständig. Nachdem Wortelmanns Chefsekretärin, die ich übernommen hatte, in den Ruhestand gegangen war, hatte mein Sparkassendirektorvorstandskollege Frau F. aus mir unerfindlichen Gründen als neue Chefsekretärin installiert, wogegen ich nichts unternehmen konnte, da ein Sparkassendirektor im Vorstand des Instituts überlebenswichtig werden und ich ihm keinen Vorwand für einen Rückzug liefern konnte.

Als im darauf folgenden Jahr das gleiche Spiel wiederholt werden sollte und der genannte Sachbearbeiter unsere Aufwendungen für den Steuerberater nicht anerkennen wollte, wurde mir allmählich klar, worum es ging; zusammen mit meinem sehr guten Mitarbeiter Bruno Braun stellte ich meine Fallen auf.

Mein studentischer Mitarbeiter, den ich von Herrn Wortelmann übernommen hatte, war mit Unterstützung seines Vaters Kulturamtsleiter in Bad Nauheim geworden und spielte dann im BUND, dessen Geschäftsführer er geworden war, im Zusammenspiel mit dem BUND-Präsidenten, meinem Vorstandskollegen aus Köln, eine erbärmliche Rolle, indem er, als 1991 das Schicksal des Instituts besiegelt war, mit ihm den BUND auflöste. Herr Braun dagegen, ein Gewerkschaftsmann, war zuverlässig und in kritischen Situationen mit Spaß, Einsatzbereitschaft und Kompetenz zur Stelle, und er verstand etwas von Zahlen; wir hatten Respekt voreinander. Wir stellten also unsere Fallen auf, und der Herr K. aus Arnsberg konnte nicht anders, als in sie hineinzulaufen, er verlängerte seine Arbeitstage bis gegen Mitternacht, wir mussten fürchterlich viele Briefe schreiben, natürlich auch an Wochenenden und kamen anständig ins Schwitzen.

Herr K. wusste nicht einmal, dass eine kaufmännische Buchführung existierte, und unser Steuerberater hatte keine Ahnung von kameralistischer Buchführung. Der Briefwechsel zwischen beiden war an böswilligen Unterstellungen und Absurditäten nicht zu übertreffen, und das in einer so tollen Kulturnation wie der unsrigen. Beide wähnten sich hundertprozentig im Recht, und beide waren es auch, Her K. bis zum Exzess: Da ich abgesehen von allen Briefen auch alle Verträge und Geldanweisungen (allein) unterschreiben musste, gab es so etwas wie einen Verbrauch an Tinte; ihre Beschaffung wurde unter Állgemeine Ausgaben´verbucht; nicht genehmigt. Ich solle mir verschiedene Kugelschreiber anschaffen und die Ausgaben jeweils unter den richtigen Titeln verbuchen. Die Benutzung von Kugelschreibern verbat ich mir. Dann solle ich billige Füllfederhalter besorgen. Diese Extraausgaben verweigerte ich mit Hinweis auf meinen privaten Kolbenfüllfederhalter. Ob es mir erlaubt würde, für die Unterschriften unter dem Titel Figurentheater-Kolleg dieselbe Tinte zu benutzen wie für die Unterschriften unter dem Titel FIDENA? : Nein. –

Am 29. Dezember erhielten wir den Bewilligungsbescheid. Am ersten Arbeitstag des neuen Jahres übergaben wir die gesammelten Werke dem Finanzminister unseres Bundeslandes NW in Düsseldorf. Der zuständige Direktor beim Finanzminister machte kurzen Prozess. Er berief ein Treffen zwischen ihm, dem Regierungspräsidenten Arnsberg und der Stadt Bochum ein, ohne meine Teilnahme, die Beamten blieben unter sich, und verfügte, dass der Sinn staatlicher Fördergelder darin zu sehen ist, dass mit ihnen gearbeitet werden soll, sie also frühestmöglich zu bewilligen seien. Der Sachbearbeiter wurde versetzt, alle freien Kulturträger im Regierungsbezirk atmeten auf, aber ich hatte einen Beamten auf dem Gewissen, das vergisst die Beamtenschaft nicht. Seinem Vorgesetzten, mit dem ich vor dem Eintreffen des Herrn K. stets sehr gut zusammengearbeitet hatte, hätte auffallen müssen, dass es in seinem Regierungsbezirk neben dem Staatsbad Bad Pyrmont eben auch uns gab, und beide waren zu beiden Buchführungen verpflichtet. Ich vermute, er hatte uns benutzt, um seinen fürchterlichen Sachbearbeiter loszuwerden. Die Zusammenarbeit gestaltete sich mit ihm bis zu seiner Pensionierung wieder gut.

Mein blindwütiger Vorstandskollege aus Köln lief zur Höchstform auf, er zog alle Register diffamierender Pressearbeit, instrumentalisierte hierfür andere Menschen (zunächst mit dem Startschuss den armen Peter Ketturkat und dann mehrere Kursteilnehmer am Figurentheater-Kolleg, wo er sinnigerweise einen Einführungskurs in wirksame Pressearbeit mit aktuellen Beispielen gab) und sorgte für die mit Abstand größte Rufmordkampagne in der BRD, ´schlimmer als bei den Nazis´. Dagegen war nichts zu machen. Die freie Presse, eine der Säulen unserer funktionierenden Demokratie, war unangreifbar. Die Lokalredaktion der WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung) stieg etwa auf halber Strecke aus, ´wir wollen dieses Spiel nicht weiter mitmachen´, während jene der Ruhr-Nachrichten erst dann zum Ende kam, als ich den Chef der Zentralredaktion in Dortmund auf die Möglichkeit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, diesen Tipp hatte ich aus der WAZ erhalten, hingewiesen hatte. Die Medienwissenschaftler der in Bochum ansässigen Ruhr-Universität sollten sich mal mit diesem Phänomen beschäftigen.

Eine böse Überraschung war Ende 1990 die Neubesetzung der Kulturverwaltungsspitze in Bochum, der bisherige Kulturdezernent ging in den Ruhestand, mit einer Frau. Es war Emanzipationszeit, die ersten Alibifrauen wurden in die Verwaltungsspitzen gesetzt, in die Kulturverwaltungen, da ihnen andere Kompetenzen nicht zugetraut wurden, Kultur konnte jede. Überall die gleichen stereotypen Verhaltensweisen: die Damen glaubten sich in der Männerwelt Respekt verschaffen zu müssen, indem sie dreinschlugen, in Nürnberg, wie in Frankfurt, so auch in Bochum.

Wir wurden dieser forschen Dame, die blendend aussah, sie war mein Typ, die allerdings als Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung kommend in Sachen Kultur jungfräulich geblieben war, wenn man davon absieht, dass sie mit dem Theatermann Canaris aus Düsseldorf verheiratet war, wir wurden ihr durch die bereits abgeklungene Pressekampagne auf dem Tablett serviert, und sie griff beherzt zu. Wir sollten weg. So einfach. Zunächst dachte ich, es ginge um meine Person und bot meinen Rücktritt an, aber nein, es ging ums Ganze, es ging um das Institut. Niemand konnte diese Dame stoppen, sie war gerade als Alibifrau in die Männerriege gewählt worden, sie war unangreif- und unbelehrbar. Dass sie 1998 nach Ablauf ihrer ersten Amtszeit von den Bochumer Stadträten nicht für eine zweite Amtszeit wiedergewählt worden war, was auf Dezernentenebene der Normalfall gewesen wäre, half dem Institut nicht mehr.

Mein famoser Vorstandskollege aus Köln musste das Eintreffen dieser Frau als Wink des Himmels verstanden haben und begann mit seinen Mitläufern aus dem Berufsverband eine intensive Lobbyarbeit beim Kultusminister und beim Regierungspräsidenten. Unglücklicherweise waren auch dort meine Gesprächspartner, die immun gegen die jahrzehntelangen Anschuldigungen aus dem Berufsverband waren, gerade in den Ruhestand gegangen. Der neue Herr beim Kultusminister wollte offensichtlich gern mal nach Russland reisen, meine vierte Reise dorthin stand an, er übernahm sie und sich, denn er kam ohne Ergebnisse zurück. Und der neue Kulturdezernent beim Regierungspräsidenten, dessen Kulturverständnis die Schule war,  fühlte sich sklavisch berufen, eine alte Rechnung seines Hauses mit mir begleichen zu müssen und machte sich wörtlich die Forderungen des Berufsverbandes zu eigen. Damit war in der Tat das Ende des Instituts besiegelt. Einen Anruf von Selje ´das wollten wir nicht´, nahm ich traurig zur Kenntnis. Und die sehr ausführliche Urteilsbegründung des Arbeitsgerichts Bochum, in welcher dem Regierungspräsidenten Arnsberg und der Stadt Bochum schwerste Fehler - abwegige Beurteilungen der Institutsarbeit - ins Stammbuch geschrieben wurden, kam für das Institut zu spät.

Die letzten Monate waren eine Trauerarbeit von besonderer Intensität. Stück für Stück musste ein in Deutschland singuläres Kulturgut ersten Ranges abgebaut werden, zu dessen Errichtung jahrzehntelange Kämpfe, unglaublich viel Energie, aber auch höchstmögliche Anerkennung national und international gehörten.

Ich war Lehrbeauftragter für Figurentheater an der Ruhr-Universität Bochum. Als erste Person des Figurentheaters war ich von Klaus von Bismarck in den Theaterbeirat des Goethe-Instituts berufen worden (hier saß ich mit den wichtigsten Meinungsmachern der Theaterkünste in Deutschland zusammen, Rischbieter, Braun, Schmitt, Ludwig, und wir entschieden, welche Künstler aus Deutschland im Rahmen der auswärtigen Kulturpolitik ins Ausland geschickt wurden oder eben – wie Roser – nicht); bei meinem Ausscheiden mit der Auflösung des Instituts 1991 schlug ich Werner Knoedgen als meinen Nachfolger vor. In der damaligen Kulturwüste Hong Kong richtete ich das erste Europäische Figurentheaterfestival ein. Bei der Gründung der Academy for Performing Arts in Hong Kong war ich Mitglied im fünfköpfigen Advisory Committee (wir formten das künstlerische und pädagogisch Gesicht dieser Akademie). Mehrere Male wurde ich zum Jahresempfang des Ministerpräsidenten des Landes NW eingeladen; zum Jahresempfang des Bundeskanzlers Helmut Schmidt wurde ich ebenso eingeladen wie zum Staatsakt für Carlo Schmid im Bundesparlament und zum Staatsempfang für das Staatsoberhaupt von Burma auf Schloss Brühl. Den höchsten Repräsentanten des Staates vom Ministerpräsidenten bis zum Bundeskanzler und Bundespräsidenten durfte ich die Hände schütteln. Von der Stadt und Woijewodschaft Wroclaw (Breslau) erhielt ich für besondere Verdienste die goldene Auszeichnung als einziger Bürger der BRD und als dritter Deutscher insgesamt nach Berghofer (dem Bürgermeister der Partnerstadt Dresden) und Modrow.

Dem Regierungspräsidenten Arnsberg hatte ich schriftlich mitgeteilt, dass wir bei einer etwaigen Auflösung des Instituts zur Begleichung unserer Schulden alle institutseigenen Bestände veräußern müssen und die Räume besenrein übergeben werden, wohlwissend, dass er mit dieser Information nicht viel anfangen konnte, denn in der kameralistischen Buchführung waren Schulden nicht vorgesehen. Bei der Sparkasse Bochum waren aus eben diesen Gründen innerhalb der letzten fünfzehn Jahre Schulden von mehreren zehntausend DM aufgelaufen. Wir verkauften unseren Figurenbestand, er wurde uns aus den Händen gerissen, und beglichen unsere Schulden. Leider konnten wir für die den Institutsangestellten zustehenden Abfindungen keine Gelder erwirtschaften. Am 31. Dezember 1991 schloss ich gegen Mitternacht die sauberen und vollkommen leeren Institutsräume hinter mir und warf den Schlüssel in den Briefkasten.

 

 


 

DEUTSCHES INSTITUT FÜR PUPPENSPIEL